Nach dem Ende der Schulzeit beginnt für viele Jugendliche mit einer Berufsausbildung der Start ins Berufsleben. Für den Auszubildenden stehen dann gleich zu Beginn der Ausbildung wichtige finanzielle Entscheidungen an. Die folgenden Finanztipps für Auszubildende unterstützen bei Themen rund um das erste Ausbildungsgehalt, staatlichen Fördermöglichkeiten und der notwendigen Risiko- und Altersvorsorge.
1. Girokonto eröffnen
Eine der dringendsten Aufgaben für einen Berufseinsteiger ist die Eröffnung eines Girokontos bei einer Bank oder Sparkasse. Der neue Arbeitgeber benötigt für die Überweisung von Ausbildungsgehalt eine Bankverbindung. Auch die monatlichen Gebühren für die Fahrkarte des öffentlichen Nahverkehrs oder die Raten für den Handyvertrag können dann von diesem Girokonto abgebucht werden.
Bevor Sie ein Girokonto eröffnen, sollten Sie die verschiedenen Kontomodelle der Banken und Sparkassen vergleichen, um eine kostengünstiges Girokonto zu finden. Die Gebühren können sich je nach Kontomodell und Nutzung auf über hundert Euro pro Jahr summieren. Banken und Sparkassen bieten teilweise noch kostenlose Girokonten für Auszubildende an.
Empfehlenswert bei der Kontosuche sind die Vergleiche der Stiftung Warentest, die regelmäßig die Angebote der Kreditinstitute prüft. Für Direktbanken sprechen die günstigen Gesamtkosten, die meistens sogar eine kostenlose Kreditkarte beinhalten. Filialbanken punkten mit persönlichem Service, Vor-Ort-Beratung und einem dichten Netz an Geldautomaten für die Bargeldversorgung.
2. Finanzpolster anlegen
Obwohl das Ausbildungshalt nicht üppig ist, sollte davon jeden Monat etwas auf die hohe Kante gelegt werden. Unvorhergesehene finanzielle Notfälle können dadurch abgefangen werden, ohne dass man einen teuren Dispokredit in Anspruch nehmen muss.
Faustregel für den Notgroschen sind bei Erwachsenen zwei bis drei Monatsgehälter. Bei einem Auszubildenden kann dies natürlich weniger sein, abhängig von der persönlichen Lebenssituation.
Wohin mit dem Geld? Für den Notgroschen bietet sich ein Tagesgeld an, das höhere Zinsen als das Girokonto bietet. Das Geld kann jederzeit eingezahlt und bei Bedarf ohne Fristen wieder abgehoben werden.
Eine Übersicht von Tagesgeld-Anbietern: ⓘ Tagesgeld im Vergleich
3. Geld sparen und Vermögen aufbauen
Sobald der Notgroschen aufgebaut ist, kann durch regelmäßiges Sparen mit dem Aufbau von Vermögen begonnen werden. Viele Menschen machen den Fehler, das am Monatsende übrig gebliebene Geld sparen und auf ein Anlagekonto überweisen zu wollen. Leider wurde das Geld dann schon im Laufe des Monats ausgegeben und zum Sparen ist am Monatsende nichts mehr übrig.
Finanzprofis richten deshalb zum strukturierten Vermögensaufbau einen Dauerauftrag ein. Dieser wird automatisch am Tag nach dem Gehaltseingang ausgeführt und die geplante Sparrate wird auf das Anlagekonto überwiesen. Diesen Dauerauftrag sollten Sie einrichten, sobald ein Überblick über die monatlichen Einnahmen und Ausgaben besteht und dadurch feststeht, welcher Geldbetrag monatlich regelmäßig gespart werden kann.
Zum Aufbau von Vermögen bieten sich Tagesgeldkonten, Sparverträge der Kreditinstitute oder auch Wertpapiersparverträge an. Die Auswahl des Kontos / Vertrags hängt von verschiedenen Faktoren ab: Verzinsung, Verfügbarkeit, Sicherheit und Risiko des eingezahlten Geldes.
Informationen und Vergleichsrechner zum Thema Festgeldⓘ
4. Vermögenswirksame Leistungen
Vermögenswirksame Leistungen, kurz VL, sollen Arbeitnehmern helfen, Vermögen zu bilden. Im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ist geregelt, ob der Arbeitgeber zusätzlich zum Gehalt vermögenswirksame Leistungen bezahlt. Der Arbeitgeber kann bis zu 40 Euro monatlich zahlen.
Unter bestimmten Voraussetzungen erhält der Sparer eine staatliche Zulage, die Arbeitnehmersparzulage. Dazu muss der Arbeitgeber die Sparraten auf einen Bausparvertrag oder einen Sparplan für Aktienfonds überweisen. Zweite Bedingung für den Erhalt der Arbeitnehmersparzulage ist, dass das zu versteuernde Einkommen bestimmt Grenzen nicht übersteigt, wie in der folgenden Tabelle dargestellt.
Die Arbeitnehmersparzulage beträgt 9 % des eingezahlten Betrags, höchstens 43 Euro pro Jahr, wenn die Sparbeiträge auf einen Bausparvertrag eingezahlt werden. Bei einer Einzahlung auf einen Sparplan für Aktienfonds beträgt die Arbeitnehmersparzulage 20 % des eingezahlten Betrags, maximal 80 Euro pro Jahr.
Vertrag | Staatliche Förderung | Höhe der Förderung pro Jahr (Doppelter Wert bei Ehepaaren) | maximales zu versteuerndes Einkommen (Doppelter Wert bei Ehepaaren) |
---|---|---|---|
Banksparplan | keine | ||
Bausparvertrag | Arbeitnehmersparzulage | 9 % des eingezahlten Betrags, höchstens 43 € | 17.900 € |
Sparplan für Aktienfonds | Arbeitnehmersparzulage | 20 % des eingezahlten Betrags, maximal 80 € | 20.000 € |
Wenn der Arbeitgeber weniger als 40 Euro pro Monat zahlt, lohnt es sich, den Sparbeitrag privat aufzustocken, sofern das zu versteuernde Einkommen nicht überschritten wird. Dadurch erhalten Sie die volle staatliche Förderung.
Der VL-Vertrag läuft insgesamt 7 Jahre, danach kann über das angesparte Geld frei verfügt werden. Die ersten sechs Jahre wird in den Vertrag eingezahlt, das letzte Jahr ist ein Ruhejahr. Nach dem sechsten Jahr kann dann bereits ein Folgevertrag abgeschlossen werden.
5. Wohnungsbauprämie sichern
Eine weitere interessante Anlagemöglichkeit für Auszubildende ist das Bausparen, da es staatlich gefördert wird und beim Aufbau von Vermögen hilft. Wer das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat und als Alleinstehender ein zu versteuerndes Einkommen unter 25.600 Euro hat, erhält die Wohnungsbauprämie als staatliche Förderung.
Die Wohnungsbauprämie beträgt 8,8 Prozent der eingezahlten Beiträge, sofern mindestens 50 Euro pro Jahr eingezahlt werden. Zinsen aus dem Bausparvertrag werden bei den Einzahlungen für die Wohnungsbauprämie berücksichtigt, Einzahlungen aus vermögenswirksame Leistungen jedoch nicht. Maximal sind pro Jahr 512 Euro Einzahlungen prämienbegünstigt. Dies entspricht einer jährlicher Höchstprämie von 45,06 €
Allerdings kann über das angesparte Geld frühestens nach 7 Jahren (Sperrfrist) frei verfügt werden, ohne dass die staatliche Förderung zurückgezahlt werden muss. Eine frühere Auszahlung ist nur bei einer unmittelbar wohnwirtschaftlichen Verwendung möglich oder bei eine der weiteren Ausnahmen, die im Wohnungsbau-Prämiengesetz geregelt sind.
6. Berufsausbildungsbeihilfe prüfen
Wer für die Ausbildung den Wohnort wechseln muss, kann unter bestimmten Bedingungen eine Berufsausbildungsbeihilfe durch die Bundesagentur für Arbeit erhalten. Voraussetzung ist unter anderem, dass der Hin- und Rückweg von der Wohnung der Eltern bis zum Ausbildungsbetrieb mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr als zwei Stunden dauern würde. Weiterhin muss es sich um eine staatlich anerkannte betriebliche oder außerbetriebliche Berufsausbildung handeln. Eine schulische Berufsausbildung wird nicht gefördert.
Weitere Details zur Berufsausbildungshilfe finden sich bei der Bundesagentur für Arbeit inklusive einem Rechner, mit dem die voraussichtliche Höhe der Berufsausbildungshilfe berechnet werden kann.
7. Wohngeld
Eine weitere Möglichkeit staatliche Unterstützung als Auszubildender zu bekommen, ist das Wohngeld. Das Wohngeld erhalten Personen, die aufgrund ihres geringen Einkommens einen Zuschuss zur Miete oder zu den Kosten selbst genutzten Wohneigentums (Lastenzuschuss) benötigen. Geregelt ist diese Sozialleistung im Wohngeldgesetz (WoGG).
Der Anspruch auf Wohngeld und dessen Höhe hängt von drei Faktoren ab:
- der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder
- der Höhe des Gesamteinkommens
- der Höhe der zuschussfähigen Miete bzw. Belastung
Zusätzlich darf kein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe bestehen. Alle Details zum Wohngeld finden Sie auf den Webseiten des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat
8. Krankenversicherung
Bisher war man als Schüler über die Eltern krankenversichert. Als Auszubildender muss man nun eine eigene Krankenversicherung abschließen. Vom monatlichen Ausbildungsgehalt behält der Arbeitgeber den Beitrag für die Krankenkasse ein und überweist ihn an diese.
Wie jeder Arbeitnehmer zahlt der Auszubildende die Hälfte des Beitragssatzes von 14,6 % und den ganzen Zusatzbetrag der gewählten Krankenkasse. Deshalb lohnt es sich, bei der Wahl der Krankenkasse nicht nur die Leistungen zu vergleichen, sondern auch den monatlichen Zusatzbeitrag. Ein Krankenkassenvergleich kann leicht im Internet durchgeführt werden: Vergleichen Sie gesetzliche Krankenkassen und finden Sie den besten Versicherungsschutz für sich und Ihre Familie.ⓘ
9. Haftpflichtversicherung
Eine Haftpflichtversicherung deckt Personen- oder Sachschäden ab, die man unabsichtlich anderen Personen zufügt. Dafür haftet man mit dem gesamten Vermögen. Besonders Personenschäden können zum finanziellen Ruin führen. Deshalb ist eine private Haftpflichtversicherung ein absolutes Muss.
Im Normalfall ist ein Auszubildender unter 18 Jahren während der ersten Berufsausbildung in einer bestehenden Haftpflichtversicherung der Eltern mitversichert. Mittlerweile gibt es auch Versicherungstarife, die darüber hinaus eine Mitversicherung im Vertrag der Eltern anbieten. Um das finanzielle Existenzrisiko auszuschließen, sollten zur Sicherheit die Versicherungsbedingungen des vorhandenen Vertrags geprüft werden.
10. Versicherung gegen Berufsunfähigkeit
Eine private Versicherung gegen Berufsunfähigkeit (BU) sichert denn Fall ab, wegen einer schweren Erkrankung oder eines Unfalls keinen Beruf ausüben zu können. Bereits jeder vierte Berufstätige wird vor Rentenbeginn berufsunfähig. Psychische Erkrankungen sind mittlerweile der häufigste Grund für die Berufsunfähigkeit, deshalb ist eine BU-Versicherung auch für Arbeitnehmer im Büro zu empfehlen.
Die staatliche Erwerbsminderungsrente ist keine bedeutende finanzielle Hilfe. Die entstehende Lücke sollte auf jeden Fall durch eine private Berufsunfähigkeitsversicherung aufgefüllt werden, um ein ausreichendes monatliches Einkommen zu erreichen.
Vor allem für Berufsanfänger ist eine private Versicherung unbedingt notwendig, da ein Anspruch auf eine staatliche Erwerbsminderungsrente erst nach einer allgemeine Wartefrist von 5 Jahren nach Berufsbeginn besteht, sofern es sich nicht um einen Arbeitsunfall handelt. Zusätzlich müssen in den letzten fünf Jahren vor der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge in die Rentenversicherung eingezahlt worden sein.
Besonders Berufsanfänger profitieren auf Grund des niedrigen Einstiegsalters und der im Normalfall vorliegenden einfachen Krankheitsgeschichte an günstigen Beiträgen einer BU-Versicherung. Prüfen Sie hier die Beiträge für eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit: ⓘ
11. Betriebliche Altersvorsorge
Die Höhe der gesetzlichen Rente wird in den nächsten Jahren schrumpfen. Deshalb fördert der Staat unter anderem die betriebliche Altersvorsorge (bAV). Darunter versteht man den Aufbau einer Zusatzrente über den Arbeitgeber.
Eine pauschale Empfehlung einer bAV ist nicht möglich, da die Vielzahl der Vertragsmodelle und auch die persönliche Lebenssituation zu unterschiedlich sind. Allerdings sollte die Möglichkeit die der Arbeitgeber anbietet, geprüft werden. Wenn der Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung alleine finanziert, dürfte der Vertragsabschluss jedoch lohnenswert sein.
12. Riester-Rente
Eine weitere Möglichkeit der staatlich geförderten Altersvorsorge ist die Riester-Rente. Die staatliche Förderung besteht aus Zulagen oder aus steuerlichen Abzugsmöglichkeiten. Voraussetzung für die Förderung ist der Abschluss eines Riester-zertifizierten Vertrags:
- Riester-Banksparplan
- Riester-Rentenversicherung
- Riestern mit Aktienfonds
- Riester-Darlehen (Wohn-Riester)
- Riester-Bausparvertrag
Besonders interessant für Berufsanfänger ist der sogenannte Berufseinsteiger-Bonus. Im ersten Sparjahr gibt es vom Staat eine um 200 € erhöhte Grundzulage, wenn am 1. Januar im Jahr des Vertragsabschlusses das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet wurde. Die maximale Grundzulage beträgt 175 € pro Sparjahr, sofern der vollständige Mindesteigenbeitrag eingezahlt wurde.
Informationen und Angebot zur Riester-Renteⓘ
13. Steuernummer
Auch das Finanzamt möchte vom Gehalt des Auszubildenden etwas abhaben. Damit der Arbeitgeber dem Finanzamt die Gehaltszahlungen mitteilen kann, muss der Auszubildende seine steuerliche Identifikationsnummer dem Arbeitgeber vorlegen. Diese wurde per Post vom Bundeszentralamt für Steuern nach der Geburt an die Eltern verschickt. Wenn diese nicht mehr vorliegt, kann diese erneut per Formular angefordert werden.
Wie viel Steuern zu zahlen sind, hängt von Lohnsteuerklasse und der Höhe der Ausbildungsvergütung ab. Allerdings dürfte die Ausbildungsvergütung noch so niedrig sein, dass keine oder geringe Steuern auf Grund der steuerlichen Freibeträge anfallen.